Schlaf

Schlaf ist ein Grundbedürfnis für den menschlichen Organismus. Während der Stoffwechsel langsamer wird, kann Muskelkraft aufgebaut werden, Immun- und Nervensystem regenerieren sich und das Gehirn verarbeitet das am Tag erlebte. Wieviel Schlaf braucht der Mensch, um sich optimal zu erholen und Krankheiten zu vermeiden? Eine Studie der Stanford University legt nun neue Ergebnisse zum Zusammenhang von Schlaflänge und körperlichen und psychischen Erkrankungen vor.


Wie viel Schlaf braucht der Mensch?

Im Durchschnitt schlafen Erwachsene nachts sieben bis acht Stunden. Die goldene Mitte, also 7,5 Stunden wird häufig als "optimale Schlafdauer" genannt; sie verspricht das längste Leben. Allerdings gibt es auch viele Menschen, die mit weniger Schlaf auskommen, und solche, die einen deutlich höheren Schlafbedarf haben. Insomniker, also Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, Probleme mit dem Einschlafen haben oder nachts immer wieder aufwachen,fühlen sich nach dem Aufstehen nicht ausgeruht und sind oft den ganzen Tag über müde und abgeschlagen.


Neue Studie zeigt: weniger Schlaf ist gesund

Der Schlafmediziner Prof. Maurice Ohayon von der renommierten amerikanischen Stanford University stellte bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafstörungen und Schlafmedizin (DGSM) in Mainz nun die Ergebnisse einer repräsentativen Studie vor, bei der das Schlafverhalten sowie das Vorkommen der häufigsten körperlichen und psychischen Erkrankungen von 16.000 Personen über 18 Jahre untersucht wurden.

Wenig Schlaf fördert ein gesundes Herz

Die Untersuchungen zeigen, dass rund sechs Prozent der Befragten nachts weniger als sechs Stunden schlafen, jedoch ohne an Insomnie zu leiden. Bei 8,3 Prozent der Befragten wiederum ist die Insomnie der Grund für weniger als sechs Stunden Schlaf.

Vergleicht man diese Kurzschläfer ohne Insomnie nun mit der Gruppe der Befragten, die mehr als sechs Stunden Schlaf benötigen, zeigen die Ergebnisse, dass wenig Schlaf durchaus gesund für das Herzkreislaufsystem ist. So ist die Rate von Herzerkrankungen und erhöhtem Cholesterinspiegel bei Kurzschläfern, die nicht an Insomie leiden, um 40 Prozent und die von Bluthochdruck um 25 niedriger als bei denen, die länger als sechs Stunden pro Nacht schlafen.

6,3 Prozent der Befragten hatten angegeben, täglich mehr als neun Stunden zu schlafen. Mehr als ein Drittel dieser Gruppe verbringt an Wochenenden oder freien Tagen sogar noch mehr Zeit mit Schlafen - über elf Stunden. Oft ohne das gewünschte Ergebnis, fühlten sich über die Hälfte davon auch nach dem langen Schlaf noch immer nicht fit. Mit einem solchen exzessiven Schlafbedürfnis sind, so die Ergebnisse der Studie, meist körperliche oder psychische Leiden verknüpft. Mehr als 60 Prozent, so erläutert Ohayon, leiden unter einer organischen Erkrankung. Aber auch bei denjenigen Langschläfern, die sich nach einem Neun-oder-mehr-Stunden-Schlaf ausgeruht fühlen, konnten die US-Forscher noch eine zwei- bis dreifach erhöhte Rate von psychischen Störungen ausmachen.

Risikogruppe Insomniepatienten

Die Studie kommt weiter zu dem Ergebnis, dass nicht die Schlafmenge an sich, sondern vielmehr das Vorliegen einer Insomnie die organische und psychische Gesundheit der Untersuchten beeinflussen. So ließen sich bei den Insomnikern unter den Kurzschläfern (weniger als sechs Stunden) 64 Prozent mehr Erkrankungen des Bewegungsapparats feststellen als bei Normalschläfern, dazu kommen noch Störungen des blutbildenden Systems, die bei ihnen fünfmal häufiger auftreten. Ebenso tritt Bluthochdruck (Hypertonie) um fast ein Viertel häufiger bei Insomniepatienten auf.

Im Bereich der psychischen Erkrankungen zeigt die Studie ebenfalls, dass die Insomnie, nicht aber der wenige Schlaf an sich der Risikofaktor ist. So wurden Dysthymie und Angststörungen bei Insomnie und einer Schlafdauer von weniger als sechs Stunden jeweils viermal häufiger beobachtet als bei Teilnehmern mit einer Schlafdauer von über sechs Stunden. Kurzschläfer wiederum, die nicht unter einer Insomnie leiden, wiesen eine um 80 Prozent niedrigere Dysthymierate auf als Normalschläfer, auch Depressionen und bipolare Störungen waren um etwa 40 Prozent seltener.

Der in anderen Studien bereits nachgewiesene Zusammenhang von Übergewicht und wenig Schlaf konnte allerdings auch von Prof. Ohayon bestätigt werden. So zeigte die Studie, dass sowohl bei Kurzschläfer als auch Insomnikern wegen kurzer Schlafdauer die Anzahl der Übergweichtigen deutlich höher ist.

Qualität statt Quantität

Kurzer Schlaf ohne Insomnie, so schlussfolgerte Ohayon in seinem Vortrag, schützt das Herz vor Herzkreislauferkrankungen. Wer jedoch an Insomnie leidet, hat man mit schweren gesundheitlichen Folgen zu rechnen — laut der Studie insbesondere Insomniepatienten, die in der Nacht einen höheren Blutdruck als am Tag haben. Alles in allem genommen zählt also nicht die Dauer, sondern primär die Qualität des Schlafs.

Jedoch gibt diese Studie keinen Aufschluss darüber, weshalb jemand unter Insomnie leidet. Schließlich, so merkten Mediziner im Rahmen der Tagung an, sind Schlafstörungen in den meisten Fällen selbst die Folge von körperlichen oder seelischen Leiden wie beispielsweise Angststörungen.